Einer dieser Herzschlagmomente für mich ist ein früher Morgen auf einer kleinen Leuchtturminsel mitten im St.-Lorenz-Strom nördlich von Quebec. Mit einer Tasse frisch gebrühtem, duftend heißem Kaffee – und warm eingepackt – trieb es mich in der Morgendämmerung hinaus auf die Klippen des Inselufers. Der mächtige Strom glänzte silbern und spiegelglatt im Licht des erwachenden Tages. Im leichten Dunst über dem Fluß tauchte am anderen Ufer der Küstenort Riviere-du-Loup auf. Morgenmüde Möwen segeln träge in den leichten Winden über dem Wasser. Stille – so umhüllend und vollkommen – dass ich sie fast anfassen konnte. Atmen. Atmen?
Und wirklich – ich höre Atemgeräusche über das Wasser. Leise zuerst und dann lauter, definierter – prustend. Ich stellte meine Kaffeetasse ab und stand vorsichtig auf. Weiße Hügel durchbrachen sanft die Oberfläche – Beluga! Um eine vorgelagerte Klippe herum tauchten sie auf. Einer, zwei, immer mehr kamen langsam näher und schwammen – begleitet von hungrig schreienden Möwen – in etwa 20m Entfernung an meinem Aussichtspunkt auf den Klippen vorbei. Atemfontänen aus weißen Rücken und hier und da eine weiße Schwanzflosse. Etwa zwölf Tiere habe ich gezählt und gehofft, sie würden langsamer schwimmen – sodass ich Ihnen stundenlang zusehen kann.
Viele Fotos habe ich in diesen Minuten gemacht. Von kleinen weißen Hügeln im silbergrauen Flusswasser. Doch kein Foto und keine Beschreibung kann mein Erlebnis – die Bilder, Emotionen und Gefühle in diesem Moment – wieder geben. In solchen Momenten fällt mir meine Oma ein und ich bin unglaublich dankbar, dass sie mich ermuntert hat, in meinem Kopf so viele wunderbare Bilder und Erlebnisse zu sammeln, die mein Leben und meine Erinnerungen bereichern.
Genauso gerne erinnere ich mich an meinen Aufenthalt auf der kleinen Leuchturminsel. Wir waren nur zu dritt – plus guide & Köchin. Meine beiden Mitbewohner ein kanadisches Ehepaar aus Drummondville. Der Herr sprach Englisch mit mir, seine Frau aber nur Französisch. So habe ich meinlange nicht genutztes Schulfranzösisch „ausgegraben“ und bei jedem Satz gehofft, niemanden zu beleidigen. Das ist gut gegangen und auf weiteren Reisen nach Ostkanada in den Folgejahren wurde auch mein eingerostetes Schulfranzösisch wieder ganz leidlich.
Wo die kleine Leuchturminsel liegt? In der Provinz Québec vor Riviére-du-Loup mitten im mächtigen St.-Lorenz-Strom. Name der kleinen Gruppe von Inselchen: Îles du Pot à l’Eau-de-Vie.